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Nachhaltige Websites

Bei Autos gibt es es einen langjährigen Trend. Sie werden grösser und damit schwerer. Die Motoren werden kontinuierlich optimiert um weniger Kraftstoff, Strom, Gas oder Wasserstoff zu verbrauchen. Das steigende Gewicht und die dadurch bedingte Notwendigkeit einer steigenden Motorleistung der Autos macht die gut gemeinten Optimierungen meistens wieder obsolet. Es ist nicht ungewöhnlich mit einem zwei Tonnen wiegenden Auto, eine 75kg wiegende Person zu transportieren. Das Verhältnis zwischen dem durchschnittlichen Gewicht der Fracht und dem Transportmedium Auto ist oft nicht besonders gut.

Wenn man beispielsweise das Leergewicht eines Autos im Verhältnis zur Motorleistung betrachtet, wird schnell klar, was ich meine.

Ein Volkswagen Golf GTI aus dem Jahr 1984 wog 810 kg und hatte 80 kW (110PS) Leistung. Das entspricht einem Leistungsgewicht von 10.125 Kilogramm pro Kilowatt Motorleistung.
Hinweis: Der Golf GTI galt zu dieser Zeit als echter Sportwagen. Der normale Golf transportierte die Fahrgäste mit 50 PS (36kW) und galt als durchaus „flott“.

Ein Tesla Model 3 im Jahr 2019 wiegt um die 1,900 kg und leistet 192 kW (261 PS). Das ergibt ein Leistungsgewicht von 9.89 kg pro kW.

Es gibt und gab bei beiden Modellen natürlich unterschiedliche Ausführungen und ich will auch gar keine Grundsatzdiskussionen zum Thema Elektroauto vs. Verbrenner, sondern nur meinen Punkt in Sachen Gewicht verdeutlichen.

Beide Autos liegen bei etwa 10 kg Gewicht pro Kilowatt Leistung und fühlen sich vermutlich ähnlich „spritzig“ beim Fahren an.

Nehmen wir weiter einfach mal an, die beiden Fahrzeuge verbrauchen ähnlich viel Energie für einen Strecke von A nach B. Der Tesla hat einen Elektromotor mit einem viel besseren Wirkungsgrad als der 35 Jahre alte Volkswagen.

Wenn der Tesla nun einfach mal soviel, oder eher so wenig, wie ein Golf wiegen würde und einen entsprechend kleineren Motor hätte, würde er vermutlich weniger als die Hälfte an Energie verbrauchen.

Wenn man nun nochmal an die 75 kg schwere Person denkt, die da transportiert wird, so könnte man mit entsprechend leichteren Autos 50% Energie einfach so einsparen, nur durch ein geringeres Fahrzeuggewicht.

50%!

Ich weiss natürlich, dass es ganz viele technische Parameter gibt, die man beachten muss und dass der Vergleich ein wenig salopp daherkommt. Und selbst wenn man „nur“ 30% oder 40% Energie und Gewicht sparen könnte, wäre das ja auch schon ein Highlight in der aktuellen Diskussion um das Klima und den CO2 Ausstoss.

Websites und Autos

Bei Websites verhält es sich ähnlich, aber im Detail etwas unübersichtlicher. Die Seiten werden auch immer „schwerer“. Das Gewicht sind in diesem Fall die zu übertragenden Daten.

Ansicht im Gutenberg Editor beim schreiben des Artikels

Um beispielsweise 564 Worte in 15 Absätzen an den Browser zu senden, benötigt mein WordPress Blog mit dem Standard-Theme Twenty Nineteen 252 kB an Daten. Die 564 Worte, also gewissermassen die „Fracht“ oder „Nutzlast“, stellen ein „Gewicht“ von 4kB dar. Es werden also 63 mal mehr Daten an den Browser geschickt um den Text darzustellen.

https://hagen.cocoate.com/2019/09/01/eine-zeitreise-ins-jahr-1984-und-zuruck/ Tool: https://www.webpagetest.org

Je mehr Zierrat ich in den Artikel im Blog einbaue, desto „schwerer“ wird die Seite und desto mehr Daten müssen übertragen werden. Ich denke da vor allem an Bilder, Videos, JavaScript, CSS und Fonts. In meinem Fall ist der grösste Brocken die beiden Fotos im Artikel (violett im Chart), dann kommt JavaScript (hellbraun), dann CSS (grün), dann der Font (rot) und dann erst das HTML (blau).

Ich habe bewusst das Twenty Nineteen Theme hier als Beispiel gewählt, weil es, verglichen mit anderen Themes, schon „sehr leichtgewichtig“ ist.

Es geht auch anders. Hier ein Kundenbeispiel mit einem WordPress Divi Theme und einer ebenfalls einfachen Seite. Die transportiert auch etwa 500 Worte, also wieder etwa 4 kB an Informationen und ist 2,533 kB gross, also das 633-fache des Textes!
Natürlich muss das nicht sein. Man könnte da viel optimieren, aber das machen wenige.

Hinweis: Das Divi Theme ist nicht schlechter oder besser, es geht hier nur um ein typisches Beispiel und Divi wird sehr viel verwendet. Bei vielen anderen professionellen Themes ist das Ergebnis ähnlich.

WordPress mit Divi Theme

Das Divi Beispiel kann man tatsächlich noch als durchaus „leichtgewichtig“ einordnen, wenn man sich mal nach Beispielen in der Realität umsieht. Es gibt viele Websites von Firmen und Medien, die auch mal 3,000 kB oder noch mehr Daten ausliefern um 500 Worte darzustellen.

Die Aufbereitung und der Transport einer Website benötigt Energie

Wie bei den Autos ist das Beispiel mit den Websites natürlich vereinfacht. Was aber schon auffällt, ist die Tatsache, dass sich die Grösse von Websites oft um den Faktor 10 oder noch mehr unterscheidet.
Als Betrachter stellt man oft gar keinen Unterschied zwischen einer „schlanken“ und einer „fetten“ Website fest. Die Datenübertragung erfolgt mittlerweile sehr schnell. Wer auf seinem Telefon allerdings eine eingeschränkte Menge Datenvolumen zur Verfügung hat, versteht vermutlich besser, was ich meine.

Die Übertragung und Auslieferung von Daten benötigt auch Energie, genau wie ein Auto, das sich fortbewegt. Wenn nun die zehnfache Menge an Daten übertragen wird, benötigt das natürlich auch mehr Energie!

Wir leben (momentan noch?) in einem Zeitalter endlicher Energievorräte und beginnen erst langsam über eine Änderung unseres eigenen Verhaltens nachzudenken.

So!

Und nun kommen wir mal auf den Punkt.

Fazit

Wer etwas Nachhaltiges im Internet anbietet oder wer einen Beitrag zur CO2 Reduktion leisten möchte, der sollte sich durchaus mal Gedanken um die Grösse seiner Website machen.

Oft wird eine Website auch dadurch grösser, dass über die Jahre immer neue Plugins installiert werden. Diese Plugins fügen weiteres JavaScript und CSS jeder ausgelieferten Seite hinzu und werden vielleicht gar nicht gebraucht.

Das meine ich gar nicht arrogant und anmassend, sondern diese Überlegung liegt hinsichtlich Energieverbrauch und Performance der Website einfach nahe.
Hier könnte sich auch durchaus ein neuer Geschäftszweig für Website Optimierung etablieren.

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tl;dr: Schlanke Websites sind nachhaltiger!


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